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AutorenbildSilvia Josten

e-Fuels: synthetische Kraftstoffe als Alternative?

Aktualisiert: 15. Juli


drei Chemie Flaschen mit blauer Flüssigkeit, Etikett mit e-Fuel

Ab 2035 sollen laut EU-Beschluss Neufahrzeuge abgasfrei sein, ausgenommen sind e-Fuels - auf Drängen der Bundesregierung. Durch die aktuelle politische Debatte sind e-Fuels derzeit in aller Munde. Während manche mit e-Fuels den Verbrennungsmotor beim Auto in eine klimaneutrale Welt retten wollen, halten andere diese Vorstellung für absurd. Was sind die Vor- und Nachteile von e-Fuels? Wer kann die synthetischen Kraftstoffe nutzen und sind e-Fuels die Lösung für alle Fahrzeuge? Wir stellen die Alternative aus der Zapfsäule auf den Prüfstand.


Was sind e-fuels und was passiert bei der Herstellung?

Als e-Fuel (englisch electrofuel, auch alternativ als Synfuels oder strombasierte synthetische Kraftstoffe bezeichnet) werden synthetische Kraftstoffe bezeichnet, die mit Hilfe elektrischer Energie aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt werden. Dieser Prozess wird als Power-to-Fuel bezeichnet. Die Herstellung von e-Fuels ist sehr komplex, denn obwohl Wasserstoff - ein wesentlicher Bestandteil der Kraftstoffe - im Wasser in großer Menge vorliegt, ist seine Gewinnung als reines Gas, z. B. per Elektrolyse, sehr energieintensiv. Noch schwieriger ist das Extrahieren von CO2 aus der Luft.

Zwar benötigt dieser Prozess ein Vielfaches an elektrischer Energie, gewinnt man diese jedoch zu 100 % aus erneuerbaren, kostenlosen Energiequellen, sei die verbrauchte Menge tatsächlich zweitrangig, so Uniti, der Verband der mittelständischen Mineralölunternehmen. Mit anderen Worten: Es sei doch egal, wie viel Energie verbraucht wird, wenn dies in Ländern geschieht, in denen es Energiegewinnung aus Sonne und Wind in quasi unbegrenzter Menge gibt.


Gibt es genug e-Fuels für alle?

Die Produktion von e-Fuels hat Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im Blick. Seinen Berechnungen zufolge werden klimaneutrale e-Fuels auf Jahre hinaus kaum verfügbar sein. Bis 2035 sind weltweit rund 60 Projekte angekündigt, die e-Fuels zunehmend in industriellem Maßstab produzieren sollen. Doch bisher gibt es nur für ein Prozent der geplanten Produktionsmenge eine finale Investitionsentscheidung.

Wenn man davon ausgeht, dass die globale e-Fuel-Herstellung so schnell wächst wie die Erzeugung von Solarstrom, könnte die Abdeckung auf 50 % steigen – wohlgemerkt: nur des deutschen Bedarfs von Luft- und Schifffahrt sowie Chemieindustrie. Daher sind e-Fuels eine Alternative für vorhandene Flotten von Verbrennern, um diese klimafreundlicher zu machen. Aber für neu zugelassene Autos und kleinere Lastwagen sollten die raren Bestände nicht eingeplant werden. Dafür gibt es heute schon genug alternative Möglichkeiten mit Elektromotor.

"e-Fuels gehören nicht in den Tank von PKWs und LKWs." sagt Prof. Dr. Martin Wietschel Leiter des Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme Fraunhofer ISI in einem Interview mit dem VDE. "Nicht nur, weil sie viel zu teuer sind, sondern auch weil sie an anderer Stelle gebraucht werden." Eine eindeutige Priorisierung der Einsatzmöglichkeiten wäre wünschenswert.


grüner VW Käfer, Oldtimer, auf Plasterstraße
Oldtimer werden dank e-Fuels auch weiterhin fahren können.

Wie hoch ist der Preis für e-Fuels?

e-Fuels aus den ersten Demonstrationsanlagen sind nicht für die kommerzielle Nutzung gedacht. Aus den Investitionen der Pilotanlage von Porsche und internationalen Partnern in Punta Arenas, Chile (Haru Oni, ~74 Mio. Dollar) würden sich Kosten von etwa 50,00 € pro Liter e-Fuel ergeben. Sobald sich die Produktion von e-Fuels in industriellem Maßstab mit Direct-Air-Capture etabliert, können sich zunächst Produktionskosten von etwa 2,00 € pro Liter einstellen. Das entspricht dem zweieinhalbfachen des typischen Großhandelspreises von fossilem Benzin von etwa 0,76 € pro Liter. Langfristig werden sich wahrscheinlich Produktionskosten von unter einem Euro pro Liter e-Fuel einstellen können. Das hängt allerdings stark von der Geschwindigkeit des globalen Markthochlaufs der e-Fuel Produktion ab. Deshalb bedarf es einer aktiven Politik, um den Hochlauf von e-Fuels anzuschieben.


Das BMDV fördert gemeinsam mit internationalen Partnern den Hochlauf strombasierter Kraftstoffe

Dazu haben Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, der litauische Minister für Verkehr und Kommunikation, Marius Skuodis, und der japanische Parlamentarische Vizeminister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Taku Ishii, Anfang Juni 2024 die Berliner Erklärung für den Hochlauf von e-Fuels unterzeichnet. Die Vereinbarung wurde im Rahmen des International e-Fuels Dialogue 2024 getroffen, den das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gemeinsam mit dem litauischen Ministerium für Verkehr und Kommunikation und dem japanischen Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie in Berlin ausrichtete.

"e-Fuels sind neben batterieelektrischem Antrieb und Wasserstoff eine wichtige Option für klimafreundlichen Verkehr. In der Berliner Erklärung bekennen wir uns zu Technologieoffenheit und Bedeutung von e-Fuels." so Wissing.



Vor- und Nachteile von e-Fuels

e-Fuels sind nutzerfreundlich und komfortabel in der Anwendung. Dank e-Fuels ist kein teurer Technologiewechsel im Verkehr erforderlich. Die bestehenden Fahrzeuge können weiterhin genutzt werden. e-Fuels lassen sich herkömmlichen Kraft- und Brennstoffen beimischen und können diese vollständig ersetzen. Für Verbraucher bedeutet das: Ein kurzer Tankvorgang und die Reichweite für weitere Kilometer ist wieder hergestellt.


Kann jedes Auto mit e-Fuels fahren?

Jedes Auto mit einem klassischen Verbrennungsmotor, der mit Benzin oder Diesel betankt wird, lässt sich ebenfalls mit dem zugehörigen e-Sprit betanken. Nicht möglich ist der Einsatz für Wasserstoffautos und natürlich ebenfalls nicht für Elektro-Fahrzeuge. Handelt es sich um Hybride, können synthetischen e-Kraftstoffe hingegen verwendet werden.


Aber wie weit kommt ein Verbrenner mit einer Tankfüllung?

"Der Wirkungsgrad von Verbrennern ist sehr viel schlechter, sodass ein Elektrofahrzeug mit der gleichen Menge an Energie fünfmal weiter fahren kann als ein mit e-Fuels betanktes Fahrzeug", sagt der Nachhaltigkeitsexperte Michael Koch von der SRH Fernhochschule in Riedlingen. Somit werde viel Strom verschwendet, wenn dieser zur Produktion von e-Fuels statt für das Laden von Elektrofahrzeugen genutzt wird.

Während beim e-Fuel 13 bis 15 % des eingesetzten Stroms am Antriebsrad des Fahrzeugs ankommen, seien es beim Elektrofahrzeug 70 bis 75 %, schreiben Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe in einem Diskussionsbeitrag.


Grafik Effizienz von e-Fuels
Effizienz von e-Fuels

Werden e-Fuels in der Luftfahrt verwendet, tritt selbst bei komplett CO2-neutraler Herstellung des verwendeten Stroms ein klimaerwärmender Effekt auf, da etwa zwei Drittel des Klimaeffektes des Flugverkehrs nicht durch die Kohlenstoffdioxid-Freisetzung verursacht werden, sondern durch sekundäre Klimaeffekte. Daher reduziert auch die Umstellung auf e-Kerosin, das mit 100 % Ökostrom hergestellt wurde, die klimatischen Auswirkungen des Flugverkehrs nur um etwa ein Drittel.


Da e-Fuels in ihren Eigenschaften nicht von konventionellen Kraftstoffen unterscheidbar seien, sei davon auszugehen, dass sie auch nicht zu einer Verbesserung der Luftqualität beitragen könnten, da bei der Verbrennung ebenfalls Luftschadstoffe freigesetzt würden, so die Bundesregierung in einer Stellungnahme im Jahr 2019, die sich auf eine Studie bezieht, die besagt, dass die Nachfrage nach flüssigen Kraftstoffen bis zum Jahr 2050 drastisch abnimmt. Im Jahr 2050 sei ein nahezu vollständiger Technologiewandel von klassischen Verbrennungsmotoren hin zu Batterie- und Wasserstoff-elektrischen Antriebskonzepten bereits vollzogen.


Tankstelle der Zukunft mit LKW und PKW
Die Zukunft verbindet unterschiedliche Technologien für unterschiedliche Fahrzeuge.

Welche Rolle spielen e-Fuels in der Zukunft?

In einem Forschungsprojekt wird versucht, den Wirkungsgrad bei der Herstellung von e-Fuels zu erhöhen. Dabei seien bis zu 60 % möglich, heißt es in der Mitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). So konnten in den letzten Jahren weiter Fortschritte in der Entwicklung und Technologie zur Erzeugung synthetischer Kraftstoffe verbucht werden. Eine Spedition in Süddeutschland fuhr mit einer Flotte unterschiedlicher LKW-Typen über eine Million Test-Kilometer mit dem reFuels-Kraftstoff. Alle relevanten Faktoren von den Herstellungsverfahren über die Kosten und Produkteigenschaften bis hin zu Umwelteinflüssen wurden erstmals ganzheitlich bewertet.


Als erster Automobilhersteller hat Porsche die Entwicklung von synthetischem Kraftstoff vorangetrieben mit der Pilotphase des Werks in Chile. Dort soll die Produktionskapazität auf rund 55 Millionen Liter und bis 2026 auf rund 550 Millionen Liter PtX pro Jahr gesteigert werden. Porsche wird dabei einer der Hauptabnehmer des grünen Kraftstoffs.


Ab diesem Jahr sollen in einer Fabrik in Frankfurt-Höchst jährlich 2.500 Tonnen synthetischer Treibstoff produziert werden. Dieser soll ebenfalls vor allem in der Luft- wie auch in der Schifffahrt zum Einsatz kommen. Die investierende Firma Ineratec wurde dafür mit Fördergeld unterstützt.

Laut ADAC arbeitet die EU zudem daran, dass zum Jahr 2030 eine verpflichtende Quote von 2,6 bis 5,7 % grünem Wasserstoff und e-Fuels im europäischen Verkehrssektor eingeführt wird.


Befragt man nun Befürworter oder Gegner von e-Fuels über die Zukunft, so erhält man sicher unterschiedliche Antworten. Die einen sehen in e-Fuels das Allheilmittel und Lösung aller Probleme, die anderen sehen in den synthetischen Kraftstoffen ein Nischenprodukt zur Überbrückung bis die Batterieelektrisch betriebenen Fahrzeuge ausgereifter sind und allen Ansprüchen in puncto Reichweite oder Ladeinfrastruktur gerecht werden.

Jeder Nutzer muss am Ende selbst entscheiden, welcher Technologie er vertraut und verwenden möchte. Hauptsache, es ist eine Entscheidung für eine nachhaltige und klimaschonende Antriebsquelle.


Tipp:

Programmhinweis auf ZDF Sendung mit Frau vor Autografik

Wer sich dem Thema mit einer Prise wissenschaftlichem Humor widmen möchte, dem sei die Wissenssendung mit MAITHINKX Dr. Mai Thi Nguyen-Kim empfohlen. Dort werden interessante Themen aus verschiedenen Bereichen der Wissenschaft mit einem Augenzwinkern behandelt, so auch die Effizienz der e-Fuels. Erfahre, warum e-Fuels im PKW-Bereich nach ihrer Ansicht "ineffizienter Quatsch mit Soße" sind.



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