Nach unseren Berichten über die Intermot 2022 vor 2 Jahren sowie die EICMA 2024 im November waren wir gespannt, ob sich das Angebot an elektrischen Zweirädern inzwischen vergrößert hat. Spoiler: Leider ist genau das Gegenteil eingetreten!
Unsere Erwartungen waren ja schon recht niedrig, hatten doch einige vielversprechende Newcomer wie Energica, Cake oder RGNT zuletzt Insolvenz anmelden müssen und waren daher natürlich nicht mehr als Aussteller dabei. Aber was sich tatsächlich in den beiden Messehallen 7 und 8 auf überschaubarer Fläche präsentierte, war doch sehr ernüchternd. Denn auch der große Pionier der zweirädrigen Elektro-Mobilität, ZERO aus Kalifornien, hatte seine Fläche deutlich reduziert, denn hier war der eigentliche Aussteller nicht der Hersteller selbst, sondern ein regionaler Händler aus der regionalen Umgebung, der seine Bikes präsentierte. Aber der Reihe nach:
Aussteller von Elektromotorrädern auf der Intermot 2024
BMW Motorrad war mit einem großen Stand vertreten, der auch sehr gut besucht war. Menschentrauben bildeten sich um die Neuvorstellungen. Doch wo waren die e-Motorräder? Einsam und verlassen an der Seite versteckt standen die Urban Mobility Modelle CE02 und CE04 neben der neuen C400X - mit Verbrennermotor. Einige Besucher saßen dann auch mal zur Probe, aber Begeisterung konnten die e-Motorräder nicht auslösen.
Honda zeigte in Köln seine Vision für die Zukunft: Zwei neue Elektro-Konzeptmodelle – EV Fun Concept und EV Urban Concept – läuten die nächste Phase von Honda's Elektrifizierung für Zweiräder ein. Auf der EICMA 2024 sorgte Honda mit seiner Premiere noch für Aufsehen. Aber in Köln stellte Honda die Ausstellungsstücke des EV Urban Concepts eher ins Abseits. Nur wenige Besucher erlaubten sich einen Blick auf die elektrisch betriebenen Modelle.
Royal Enfield hat eben auf der EICMA 2024 sein spektakuläres e-Motorrad „Flying Flea“ vorgestellt. In Köln suchten wir allerdings vergebens nach dem außergewöhnlich designtem Elektro-Bike. Der Hersteller ist leider nur im Besitz eines einzigen Ausstellungsstückes und das verweilt leider gerade in England. Pech gehabt.
Kawasaki zeigte sich technologieoffen. Das Projekt eines wasserstoffbetriebenen Motorrads mit Verbrennungsmotor startete bei Kawasaki im März 2023. Das Besondere an einem Motorrad mit Wasserstoffverbrennung ist das lebendige Fahrgefühl, das Biker vom Benzinmotor kennen und schätzen – mit dem Unterschied, dass der Wasserstoffmotor hauptsächlich Wasser ausstößt. Neben dem Motorrad mit Wasserstoffantrieb zeigt Kawasaki auch zwei Modelle mit Hybridantrieb und ein rein elektrisches Motorrad mit 125 ccm. Die reale Reichweite ist bis jetzt aber leider noch sehr überschaubar mit ca. 45 km. Bei den Hybridmodellen kann der Fahrer jedoch je nach gewähltem Fahrmodi den Anteil des elektrischen Antriebs selbst steuern. Für sportliche Fahrdynamik und ein schnelles Beschleunigen sorgt der Elektro-Boost, der aus beiden Antrieben gleichzeitig die volle Power generiert. Ein guter Einstieg in die Elektromobilität, die noch ausbaufähig ist.
Yamaha hatte flächenmäßig wohl insgesamt das größte Angebot zu bieten, jedoch war auch hier nur ein verschwindend geringes Angebot an Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb. Der japanische Hersteller präsentierte lediglich den Booster, ein Urban Bike mit S-Pedelec-Zulassung und dem Elektroroller NEO's mit der Dual Battery.
Horwin zeigte mit einem imposanten Stand die Vielfalt seiner Produktpalette. Vom stylischen Cityflitzer über das Raumwunder für Lieferdienste bis hin zum soliden Elektromotorrad ist alles dabei. Das österreichische Familienunternehmen hat seine EK und SK Serien überarbeitet und verbessert. Nicht nur in neuen Farben erstrahlen die innovativen Zweiräder der neu geschaffenen Pro- und Plus-Varianten. Auch an der Technik wurde vieles verbessert: Kettenantriebe sind nun durch laufleise Riemenantriebe ersetzt worden. Als neues Feature gibt es jetzt einen Tempomat für eine komfortable Geschwindigkeitsregulierung, der beliebte Rückwärtsgang ist nun bei mehreren Modellen zu sehen und eine neue App gibt Auskunft über den Akku-Ladestand, den Fahrtenverlauf, dient der GPS Fahrzeuglokalisierung, regelt den Diebstahlschutz und dient als Fernsteuerung für die Start/Stopp-Funktion. Bahnbrechend ist die neueste Entwicklung: die SENMENTI 0 (ab 14.990 €). Die Plattform überzeugt durch Effizienz und bietet ein ausgefeiltes Mehrkanal-Kühlungssystem, bei dem das Kühlmittel jede einzelne Zelle bedeckt und somit für eine perfekte Temperaturkontrolle sorgt. Besonders hervorzuheben - neben Features wie Abstands-Tempomat, Rückfahrkamera, Spurhalteassistent, etc., ist die Schnellladung mit einem CCS-Ladeanschluss, der den SoC innerhalb von 30 Minuten auf 80 % bringt. Ein zwischenzeitliches Nachladen ist aber auch sinnvoll, denn bei einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 200 km/h kann der Verbrauch auch mal in die Höhe schnellen. Dennoch verspricht der Hersteller eine maximale Reichweite bis zu 300 km (innerorts kombiniert).
Nach eigener Aussage hat Horwin inzwischen seine Konkurrenten abgehangen und ist nun Marktführer im Bereich der elektrischen Zweiräder - zumindest die Größe der Ausstellungsfläche unterstreicht diese Aussage.
Beeindruckend war die Schaustellung von Can-Am, eine Untermarke von BRP Inc., die neue stylische Elektromotorräder zeigte. In den 1970er und 1980er Jahren stellte Can-Am einige spektakuläre Offroad-Motorräder her, darunter Modelle, die in bestimmten Märkten straßenzulässig waren. Jetzt ist die Marke zurück in der Herstellung von Zweirädern – aber diesmal mit elektrischen Antrieben. Sowohl die Can-Am Pulse (ab 19.199 €) als auch die Origin (ab 19.599 €) sind serienmäßig mit einem langlebigen 8,9 kWh-Akku ausgestattet, der sowohl sengender Wüstenhitze als auch kalten Wintertemperaturen standhalten soll. Beide Modelle werden von dem BRP-eigenen brandneuen Rotax E-Power-Motor angetrieben, der auf Abruf sofortiges Drehmoment und dynamische Leistung liefert. Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal der Can-Am Elektro-Motorradreihe ist das innovative flüssigkeitsgekühlte System, das Batterie, Ladegerät, Inverter und Motor umfasst. Das System sorgt für einen erheblich langsameren Batterieabbau und optimiert zugleich Reichweite und Ladezeit. Dadurch soll jederzeit und unter allen Bedingungen schnelles und effizientes Laden, von 20 % auf 80 % in 50 Minuten, gewährleistet sein, wenn Level-2-Laden genutzt wird. Das System verschafft der Can-Am Pulse eine geschätzte Reichweite von bis zu 160 km im Stadtverkehr und der Can-Am Origin eine geschätzte Reichweite von bis zu 145 km im Stadtverkehr. Can-Am Pulse und Origin sind sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Fahrerinnen und Fahrer einfach zu bedienen und zu fahren. Zudem hat der Hersteller sinnvolle Features verbaut, wie beispielsweise ein kleines Staufach über dem "Tank", wo man zumindest die Fahrzeugpapiere unterbringen kann. Can-Am will mit der Einführung von Can-Am Pulse und Origin im nächsten Jahr zum weltweiten Marktführer für Elektro-Motorräder werden. Die beiden Modelle sind jetzt bereits vorbestellbar!
Die Zielgruppe der jungen Einsteiger wird besonders angesprochen
Gut angenommen wurde auch die Sonderschau KICK STARTER 125 ccm. Zentral im Boulevard zwischen den beiden Messehallen gelegen, kamen hier insbesondere Einsteigerinnen und Einsteiger auf ihre Kosten. Rund 50 aktuelle 125 ccm-Modelle verschiedener Hersteller waren auf der Fläche zu sehen und weckten Begeisterung für den Einstieg in die Motorradwelt – von e-Rollern über Naked Bikes bis hin zu 125er-Enduros. Die elektrisch betriebenen Bikes übernahmen aber auch hier eher Randrolle und wurden eher skeptisch in Augenschein genommen.
Die Intermot 2024, die vom 5. bis 8. Dezember in Köln stattfand, war der Auftakt für eine Neuausrichtung der nun jährlichen Messe. Zum ersten Mal öffnete die Motorrad- und Rollermesse ihre Tore im Dezember. Die insgesamt ca. 90.000 Besucherinnen und Besucher nutzten die Gelegenheit, die neuesten Modelle und Trends der kommenden Saison live in Köln zu erleben. Jedoch brauchte man hierfür nicht viel Zeit, das Angebot war überschaubar und die Flächen der zwei Messehallen überschaubar. Einen Probefahrt-Parcours sucht man vergebens. Wichtige Hersteller wie Niu, Super Soco, Tisto, Si.o, Emco (die erst dieses Jahr die insolvente Marke unu übernommen haben) und viele andere, waren gar nicht erst angereist. Renommierte Hersteller wie Harley Davidson ließen ihre Elektro-Bikes direkt zu Hause - schade. Der Trend der Elektromobilität ist noch lange nicht bei den Beteiligten angekommen, weder bei den namhaften Herstellern, noch bei den Besuchern.
Die nächste INTERMOT findet vom 4. bis 7. Dezember 2025 in Köln statt
- wenn bis dahin die Branche nicht den Anschluss verschlafen hat.